Rede von Jens Leuftink:
Liebe Jutta,
wie du weißt, bin ich kein Freund von großen Reden! Doch 28 Jahre im Rat der Stadt Nordhorn dürfen auch von mir beziehungsweise von uns, der Initiative Pro Grafschaft, nicht unkommentiert bleiben!
Jutta, in den 28 Jahren und davon ziemlich genau 18 Jahre in der IPG hast du dich immer für die Bürger und für die Entwicklung Nordhorns im Rat eingesetzt. Eine Entwicklung, die sich sicherlich auch sehen lassen kann. Viele dieser Entscheidungen hast du konstruktiv begleitet, diskutiert und auch mitgetragen. Sei es die Sanierung des Nino-Hochbaus, der Bau der Umgehungsstraße, die Erweiterung der vielen Wohnbaugebiete und vieles mehr. Auch die finanziellen Belastungen der Stadt Nordhorn haben sich in diesen 28 Jahren stark gewandelt. Schaut man einmal auf den aktuellen Schuldenstand, so dürftest du bei der aktuellen Lage die lang ersehnte Null noch miterleben.
Liebe Jutta, mit dir verlässt nun leider ein weiteres Urgestein des Nordhorner Stadtrates die politische Bühne und hinterlässt im Rat eine große Lücke, die sicherlich nur schwer wieder zu schließen sein wird. Deine Erfahrung und auch dein Fingerspitzengefühl im Handeln zeichnet dich aus und findet sich in vielen Beschlüssen wieder.
Doch nicht nur die Beschlüsse waren dir wichtig! Auch der Kontakt und die Nähe zu den Bürgern war dir immer ein Anliegen. Du hast dich mit deren Sorgen und teilweise auch mit deren Nöten intensiv auseinandergesetzt und die Nordhorner Bürger hier im Rat souverän vertreten.
Auch hast du, als stellvertretende Bürgermeisterin, die Stadt Nordhorn viele Jahre mit großem Erfolg vertreten und dabei immer das Wohl der Menschen im Auge gehabt.
Und ein ganz besonderer Dank geht an deinen Mann Jürgen und deine Tochter Kerstin, denn auch Sie haben deine Freizeit mit uns geteilt.
Nordhorn, 19.09.2024
Jens Leuftink
Rede von Jutta Bonge:
Rede zum Abschied aus dem Rat am 19.09.2024
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Berling, sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freundinnen und Freunde!
Zunächst einmal vielen Dank für eure freundlichen Worte.
28 Jahre sind eine lange Zeit und so ist es jetzt für mich gut gewesen. Gesundheitliche Einschränkungen lassen mich die Prioritäten neu setzen.
Im Alter von 35 Jahren wurde ich 1996 erstmalig in den Rat gewählt. Damals habe ich die Männerwelt in der SPD geschockt, in dem ich gesagt habe: ich will auf Platz 1 der Liste stehen und ich will in den VA. Das war neu, hat aber gut funktioniert, wie ich finde.
Ich hatte damals den Vorteil, in der SPD und mit den Grünen einer Mehrheitsfraktion anzugehören … Das machte es einer Neueinsteigerin einfacher, weil ich immer davon ausgehen konnte, dass die eigenen Themen sicher beschlossen werden würden. Denkste, auch das hat nicht immer geklappt … Vielleicht erinnert sich der ein oder andere an die Diskussion zur IGS. Oh, Mann … Da ging es mächtig rund.
Mit der IPG habe ich dann das Gegenteil kennen gelernt, nämlich fast immer in einer Minderheitenposition zu sein. Das war nicht nur vergnügungssteuerpflichtig, weil wir selbst bei nachvollziehbaren und fundierten Positionen manches Mal ein „nein“ bekamen. Oft dauerte es Jahre, bis Projekte wie z.B. die Firnhaberstraße umgesetzt wurden. Diese Umstände hält man nur aus, wenn man die Dinge nicht persönlich nimmt. In der Regel ist man ja nicht als Person gemeint.
Manchmal aber natürlich schon, dann habe ich mich mit meinen Mitteln zur Wehr gesetzt.
Mir geht es um die Sache, wie z. B. beim Museum. Ich habe davon keine persönlichen Vorteile und es ist wichtig, dass alle handelnden Personen verstehen, dass man sich nicht an Menschen abarbeitet, sondern das Projekt zum Wohle Nordhorns befördern muss.
Ich habe davon profitiert, dass ich als junge Frau noch die alten Textiler wie Johann Schüürmann und Wilhelm Kneemeyer im Rat kennengelernt, mit einem legendären Friedel Witte zusammengearbeitet habe, aber auch mit einem Hans Kutz, einer Maria Köttering oder einer Gisela Büsching-Stark.
Die hat im Übrigen bei ihrem Abschied gesagt, die Ratstätigkeit sei ein Studium Generalis. Das ist nur zu wahr. Ein Ratsmandat vermittelt Einblicke auf unterschiedlichen Ebenen. In der Sache natürlich, in die Arbeit der Verwaltung, in die Denke des politischen Mitbewerbers, der auch immer ein bisschen Recht hat und in die eigenen Möglichkeiten. Insofern kann ich nur empfehlen, ein Mandat anzustreben, weil man einfach Dinge lernt, die man sonst nie mitbekommen würde.
Außerdem schärft man die eigene Position, lernt Kompromisse einzugehen und auch Niederlagen einzustecken. Eine Erkenntnis ist dabei die Wichtigste: Es wird überall nur mit Wasser gekocht. Dies zu wissen, entspannt ungemein.
Der Wiederaufstieg Nordhorns aus einer tiefen Depression nach dem Niedergang der Textilindustrie war prägend für viele Jahre meiner Ratsarbeit. Für mich bestand Ratsarbeit jahrelang aus Haushaltskonsolidierung und daraus, aus dem wenigen, was zu verteilen war, das Beste zu machen. Ich kann mich noch erinnern, dass wir fast ausgelacht worden sind, für die Entscheidung, in Klausheide das Gewerbegebiet auszuweisen. Wer sich denn da wohl ansiedeln wollte? Heute ist es eine Erfolgsgeschichte.
Eines der beeindruckendsten Projekte war seinerzeit die Umnutzung des Nino-Hochbaus. Ein äußerst mutiges und ambitioniertes Unterfangen der Investoren. Der Rat hat dieses Vorhaben von Anfang an positiv begleitet. Heute ist jeder stolz, dass wir dieses Vorzeigeobjekt haben und ich freu mich, wenn ich ins Museum gehe, dass wir dieses Gebäude erhalten und mit Leben füllen konnten. Ich bin wirklich froh, dass ich meinen Teil zu dieser ganzen Entwicklung beitragen konnte.
Selbstverständlich wird dem Museum weiter mein Hauptinteresse gelten. Ich werde weiter daran arbeiten, dass wir die Geschichte unserer Stadt, die ja untrennbar mit der Textilgeschichte verbunden ist, bewahren, erforschen, zeigen und zugänglich machen … Und ich hoffe, ihr unterstützt mich dabei. Denn nur wenn man weiß, wo man herkommt, weiß man auch, wo man hinwill.
Den jungen Kolleginnen und Kollegen will ich noch sagen:
Nimm dein Mandat und auch dich selbst als Ratsmitglied ernst und wichtig. Mittlerweile werden in der Öffentlichkeit die Wahrnehmung solcher politischen Ämter gerne mal abgetan, kleingeredet oder man muss sich gar rechtfertigen. Aber du erledigst eine unverzichtbare Aufgabe für unser Gemeinwesen und die Demokratie. Das ist kein Privatvergnügen eines einzelnen Ratsmitgliedes. Deshalb bin ich immer gegen späten Sitzungsbeginn gewesen und stehe auch hybriden Sitzungen skeptisch gegenüber. Warum sollen Arbeitgeber und KollegInnen nicht mitbekommen, dass man im Rat ist und auch sie ihren Teil dazu beitragen, dass die kommunale Selbstverwaltung funktioniert? Außerdem funktioniert Politik nach meiner Erfahrung nur face to face. Da hat man guten Grund, selbstbewusst zu sein.
Das gilt auch für den gesamten Rat. Klaus Lübke hat immer gesagt: der Rat ist der Souverän. Das sollte der Rat nie vergessen, auch die Verwaltung sollte daran denken, auch wenn schon mal mit den Augen gerollt wird, wenn Entscheidungen nicht gefallen. Der Rat ist nicht dafür da, dass alle Ratsentscheidungen der Verwaltung gefallen müssen. Dafür hat der Rat eine politische Aufgabe von den Wählerinnen und Wählern erhalten und somit eine andere Rolle zu erfüllen.
Ich bedanke mich bei meinen Kollegen der IPG, vor allem bei Klaus Lübke, Uwe Heiduczek, Rainer Heckert-van Remmerden und vor allem bei Jens Leuftink, die dafür gesorgt haben, dass ich den Spaß und den Glauben an die Politik in all den Jahren nicht verloren habe. Der größte Dank gilt aber natürlich meiner Familie und meinen Freunden, die das alles über die lange Zeit wohlwollend begleitet haben.
Sowas wie Dankbarkeit oder Nachruhm gibt es in der Politik nicht oder wenn nur sehr selten. Das, was wir tun, ist in dem Moment wichtig, in dem wir es tun. Und das ist durchaus eine Menge wert. Mehr ist nicht zu erwarten … Das macht aber nichts … Wir fangen eben in jeder Wahlperiode auch ein Stückchen wieder von vorne an … Das ist das Wesen der Demokratie … Wir haben alle miteinander dafür zu sorgen, dass es immer genug Menschen gibt, die diese Verantwortung in den Parlamenten übernehmen wollen.
Willi Brand hat dazu gesagt: nichts kommt von selbst und wenig ist von Dauer. Darum besinnt euch auf eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf der Höhe der Zeit zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen gutes Gelingen.
Nordhorn, 19.09.2024
Jutta Bonge